Text der Vielen – Friedensmarsch 2023

Ostermarsch 2023
– von Antje Kloster und Elisabeth Özge

Wie jedes Jahr hatten wir auch an diesem Ostermontag den Aufruf gestartet, für den Frieden auf die Straße zu gehen. Leider sind dieser Aufforderung nur rund 50 Personen gefolgt.
Schade, wir fanden es wichter denn je ein Zeichen für den Frieden zu setzen.
Darum ein ganz besonders herzlicher Dank an die, die teilgenommen haben.
Auf unsererm diesjährigem Vorbereitungstreffen haben wir uns mit vielen anderen für
einen gemeinsamen Redebeitrag entschieden, der auch gemeinsam vorgetragen wurde.
Elisabeth Özge, Antje Kloster, Christina Heide und Lennart Pieper trugen zunächst den Text vor und verlasen dann in alphabetischer Reihenfolge die Länder, in denen Krieg oder kriegsähnliche Zustände herrschen. Nach einer Schweigeminute begann der Marsch durch die Innenstadt.
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Die komplette Rede:

Text der Vielen – Friedensmarsch 2023

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v.l.n.r.: Elisabeth Özge, Antje Kloster, Christina Heide und Lennart Pieper | Bild: Rabea Kruse

Völkerrecht einhalten! Alle Kriege beenden! Für Frieden in dieser Welt!

Den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilen wir aufs schärfste.
Solidarisch sind wir mit allen Menschen, die in Ländern oder Regionen zu Hause sind in denen Krieg herrscht oder die deshalb aus diesen geflüchtet sind.
Weltweit nehmen die Konflikte zu und auch der Klimawandel hat das Potential, durch den Verlust von Wohnraum und Ressourcenknappheit Kriege und Konflikte zu verschärfen oder auszulösen.

In Jemen, Syrien, Afghanistan, Ukraine, Mali, Libyen und dem Kongo leidet die Zivilbevölkerung unter Krieg, Trauma, Flucht und Vertreibung.
Minderheiten werden unterdrückt und leben in Unfreiheit u.a. in Russland, China, Afghanistan und dem Iran.
Wir wollen für alle Opfer von Krieg und Unterdrückung einstehen und uns solidarisch zeigenWir fordern vermehrte diplomatische Bemühungen mit dem Ziel, Kriegshandlungen einzustellen und Frieden zu stiften.
Wir fordern weiter mehr Gelder für die Entwicklungshilfe. Dieses Budget muss drastisch erhöht werden, denn es trägt dazu bei, Kriegsgefahren und neuen internen wie externen Auseinandersetzungen vorzubeugen.
Die Krisen und Notlagen nehmen zu und eine Finanzierung in Entwicklungshilfe ist weitaus wirksamer als das Verschenken von Kriegsgerät.
Gerade als Europäer sollten wir nicht vergessen, dass durch unsere Kolonialpolitik und die in Berlin festgelegten Grenzen z.B. in Afrika bis heute ein Grund für Kriege dort sind. Daher sollten wir die innerafrikanischen Konflikte mit einer systematischen
friedensorientierten Politik und Förderung unterstützen.

 

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Bild: Rabea Kruse

RÜSTUNG UND ATOMWAFFEN
Eine Eskalation des Kriegs in der Ukraine ist eine andauernde Gefahr, die wir mit
großer Sorge empfinden. Ein Weltkrieg mit Einsatz von Atomwaffen muss in jedem
Fall verhindert werden. Die geplante Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus
ist ein weiterer Schritt auf der Eskalationsstufe.
Wir fordern die Bundesregierung auf, mehr zu tun als den Koalitionsvertrag zu
erfüllen, ein atomwaffenfreies Deutschland zu erzielen und ein neues, strengeres
Rüstungsexportgesetz schnellstmöglich zu verabschieden. Hier müssen vor allem
die Länder von Lieferungen ausgenommen werden, die aktiv an Stellvertreterkriegen
beteiligt sind wie zum Beispiel SaudiArabien.

Wir fordern die Bundesregierung weiter auf, den Atomwaffenverbotsvertrag der
Vereinten Nationen zu unterzeichnen und damit auch aus dem operativen Teil der
atomaren Teilhabe der Nato auszusteigen.

WAFFENLIEFERUNGEN UKRAINE
Wir sprechen der Ukraine das Recht zu, sich zu verteidigen und billigen in dieser
Sache solche Waffenlieferungen, die unbedingt notwendig und nach Völkerrecht
möglich sind. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Waffenlieferungen nur mit
viel Bedacht einzugehen und sich nicht in einem durch Medien aufgebauschten
Bieterwettstreit mit anderen Ländern zu ergehen.
In der Friedensbewegung ist das Thema „Waffenlieferungen“ durchaus umstritten; wir hier in Wilhelmshaven sehen das mehrheitlich so, dass Verteidigungswaffen bei einem Angriffskrieg, wie wir ihn jetzt in der Ukraine haben, erforderlich sind. Mehr
Waffen bringen keinen Frieden, aber Verteidigung muss ermöglicht werden.

ABRÜSTUNG UND LANDESVERTEIDIGUNG
In einer zunehmen instabilen Weltlage brauchen wir eine ausgewogene Verteidigungsstrategie, die die Verteidigungsbündnisse respektiert und unsere territoriale Verteidigung sicherstellt. Wir fordern weniger Bündnis und mehr territoriale Verteidigung und müssen uns der Herausforderung stellen, unsere Sicherheit und Verteidigung effektiv und neu zu gestalten.
Unseren Soldatinnen und Soldaten muss die notwendige Ausrüstung für Training und Einsätze zur Verfügung gestellt werden. Ersatzbeschaffungen und ausreichende Schutzausrüstungen müssen dabei vorrangig behandelt werden. Gleichzeitig soll
nicht unverhältnismäßig aufgerüstet werden. Ein Wettrüsten und eine generelle Erhöhung der jährlichen Ausgaben für die Verteidigung auf 2% des Bruttoinlandsprodukts lehnen wir ab.
Das Sondervermögen sollte für die notwendigen Ersatzbeschaffungen verwendet werden.
Aber auch an dieser Stelle üben wir erneut Kritik an der Unverhältnismäßigkeit zwischen dem Budget für Verteidigung und dem der Entwicklungshilfe.
Diplomatische Konfliktlösungen und humanitäre Hilfen schaffen Frieden und Stabilität in dieser Welt.
Neben den Löhnen und den laufenden Kosten der Bundeswehr wurde
im Jahr 2020 etwa 15.9 Milliarden Euro für den Ankauf von Rüstungsgütern eingeplant, die Ausgaben für die Entwicklungshilfe beliefen sich im selben Jahr auf etwa 10.2 Milliarden Euro.
Erneut fordern wir die aktuelle Bundesregierung auf, das Budget für die Entwicklungshilfe drastisch zu erhöhen.

 

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Bild: Rabea Kruse

KINDER
Kinder, deren Heimat von Krieg oder einem bewaffneten Konflikt gezeichnet ist,
leiden vielfach unter Kinderrechtsverletzungen:
Zwangsverheiratung, Zwangsarbeit, körperlicher und sexueller Missbrauch sind hier
zu benennen.
Sie sind oft auf der Flucht, müssen auf Bildung verzichten oder müssen gar
bewaffnet am Krieg teilnehmen.
Sie sind Opfer dieser Kriege und werden ihrer Kindheit beraubt.
Die Bemühungen der Vereinten Nationen, die Anzahl der Kinder, die von Armeen
oder bewaffneten Gruppen eingesetzt oder rekrutiert werden, zu verringern, kann
zarten Erfolg aufweisen. Für 2021 wurden dennoch über 6.000 Fälle von rekrutierten Kindern im jährlichen UNBericht dokumentiert die Dunkelziffer wird weit aus höher
sein. Auch für diese Kinder stehen wir heute hier.
So werden auch im Krieg in der Ukraine Kinder entführt und nach Russland gebracht, um sie „zu Russen umzuerziehen“. Auch dies ist ein Kriegsverbrechen, dass wir massiv verurteilen. Eine solche nationalistische Politik ist zutiefst zu verurteilen.


MINDERHEITEN
Unterdrückung von Minderheiten, seien es ganze Volksgruppen, Religionsgruppen, Frauen oder queer lebende Menschen nehmen zu. Wir alle stehen hier, um dieses Leid anzuklagen und in Erinnerung zu rufen.
In der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen steht in Artikel 2:
„Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten,
ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache,
Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft,
Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.“

FRAUEN UND MÄDCHEN IM KRIEG
Frauen und Mädchen erfahren im Jemen, in Afghanistan, dem Kongo, in Indien und in Somalia besonders schwere Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung.
Oft sind kulturelle und traditionellen Normen die Ursache, aber gerade schwache Rechtsdurchsetzung, wie sie in Kriegsgebieten oft herrschen, verschlimmern die Situation der Mädchen und Frauen.
In Indien lebende Frauen und Mädchen sind Opfer von häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Vergewaltigung und die indische Regierung kann bis heute die Schließung von Kinderehen nicht effizient unterbinden.
Im Kongo, in Somalia, in Afghanistan, dem Jemen und anderen Ländern sind Frauen und Mädchen gefährdet, sexuelle Gewalt, Zwangsverheiratung und Diskriminierung zu erleiden.
Oft haben diese Frauen und Mädchen einen eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und politischer Teilhabe.
Besonders zu erwähnen ist, dass unter anderem in Somalia Frauen und Mädchen körperliche Gewalt in Form von Genitalverstümmelungen erfahren können. Wir fordern die Bundesregierung auf, gerade die vulnerable Gruppe der Mädchen
und Frauen in ihren Entwicklungshilfeprogrammen zu unterstützen und die Einhaltung der Frauenrechte vehement einzufordern.
Wir stehen hier und sind solidarisch mit unseren unterdrückten Schwestern.
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Bild: Rabea Kruse

RELIGION UND KRIEG
Religiöse Minderheiten sind weltweit Opfer von Unterdrückung und Diskriminierung.
Im Besonderen betroffen sind Muslime, Jesiden und Christen.
In einigen Ländern werden sie gezielt verfolgt und ihre Rechte werden verletzt. So werden zum Beispiel muslimische Minderheiten wie die Uiguren in China unterdrückt und in Lagern festgehalten. Dies ist eine besonders perfide Form der Kriegsführung innerhalb eines Landes gegen eine Volksgruppe, die gleichzeitig eine religiöse Minderheit ist.
In anderen Ländern wie in Teilen von Nigeria, Somalia und Eritrea werden Christen systematisch diskriminiert und verfolgt. Sie werden wie andere religiöse Minderheiten Opfer von Angriffen, Zwangskonversionen und erleben Diskriminierung bei der Arbeit, in der Bildung sowie Bedrohung und Einschüchterung.

Es ist wichtig, dass wir hier und heute auch unsere Stimme erheben für die Rechte von Menschen, die aufgrund ihrer Religion diskriminiert werden, denn Religionsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht.
KLIMA UND KONFLIKTPOTENTIAL
Das Konfliktpotential wird mit weltweiter Ressourcenknappheit und den drastischer werdenden Klimafolgen in Zukunft noch höher. Der Klimawandel führt zu Flucht man kann es schon Völkerwanderung nennen und birgt ein massives Konfliktpotential. Wenn wir den Klimawandel nicht bekämpfen, wird das Gewaltpotential massiv zunehmen.

 

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Bild: Rabea Kruse

KRIEG UND HUNGER
Krieg hat nicht nur verheerende Auswirkungen auf Menschenleben und Infrastruktur, sondern auch auf die Boden und Wasserqualität.
Die Zerstörung von Infrastruktur und die Freisetzung von Chemikalien aus Kriegswaffen können dazu führen, dass Böden und Wasserquellen kontaminiert werden und dadurch nicht mehr für den Anbau von Nahrungsmitteln genutzt werden können.
Die Boden und Wasserqualität kann jahrelang beeinträchtigt bleiben, was zu Ernteausfällen und einer Verschärfung der humanitären Lage führen kann.
Syrien und Jemen sind solche schrecklichen Beispiele, wie Krieg zu einer Hungersnot führen kann.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft Maßnahmen ergreift, um den Zugang zu sauberem Wasser und unbelastetem Land zu gewährleisten.
Wir fordern die Bundesregierung auf, sich aktiv für die Beseitigung aller Kriegsursachen einzusetzen und sich an Wiederaufbauprogrammen zu beteiligen, die nicht nur nach einem Krieg dringend erforderlich sind, sondern die Umwelt und die Lebensbedingungen der vom Krieg Betroffenen verbessern. Gerade wir hier in Deutschland, das eines der reichsten Länder der Welt ist, haben hier besondere Verantwortung.

Länder, in denen in den 2020er Jahren Krieg oder kriegsähnliche Zustände herrschen:

Afghanistan
Armenien
Aserbaidschan
Ägypten
Äthiopien
Belarus
Burundi
Demokratische Republik Kongo
Indien
Irak
Iran
Jemen
Kamerun
Kolumbien
Libyen
Mali
Mosambik
Myanmar
Nigeria
Pakistan
Philippinen
Russland
Somalia
Süd-Thailand
Syrien
Türkei (Kurden)
Ukraine
Zentralafrikanische Republik